Ende November 2018 hat der Bundestag das viel diskutierte Energiesammelgesetz (EnSaG) verabschiedet. Mit diesem Gesetz sollen zentrale Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag etwa zu Erneuerbaren Energien, aber auch zur Kraft-Wärme-Kopplung umgesetzt werden, damit der Klimaschutz weiter vorangebracht werden kann. Das Gesetz betrifft neben Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG), des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) auch das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) und damit die Biogas-Branche.

Was bedeutet das Energiesammelgesetz nun konkret für Sie als Anlagenbetreiber? Warum lohnt es sich schnell zu sein, wenn Sie noch von der Flexibilitätsprämie profitieren wollen? Und was sind die Voraussetzungen, um die Flexibilitätsprämie zu erhalten? Alle Antworten finden Sie in diesem Beitrag.

Welche Auswirkungen hat das neue Energiesammelgesetz für die Biogas-Branche?

Das gerade verabschiedete Gesetz bringt zwei wesentliche Änderungen für Biogasanlagen mit sich:

  1. Künftig wird es zwei Biomasse-Ausschreibungsrunden pro Jahr geben, während das jährliche Ausschreibungsvolumen auf beide Runden aufgeteilt wird. Eine Ausschreibung erfolgt zum 1. April, die andere zum 1. November. Für Anlagenbetreiber bedeutet das kürzere Wartezeiten, mehr Planungssicherheit und Flexibilität. Außerdem erhofft sich die Branche, dass mehr Bieter bei der Ausschreibung erfolgreich sind.
  2. Die Begrenzung des Zubaus von flexibler Leistung aus dem EEG 2017, der sogenannte Flexdeckel, wird auf 1000 MW herabgesetzt. Bisher lag die Begrenzung bei 1350 MW. Da aktuell (November 2018) bereits 827 MW ausgeschöpft sind, bedeutet das: dieser Deckel ist fast voll, die Obergrenze wird voraussichtlich im Juni oder Juli 2019 erreicht sein.

Dafür bleiben aber ab Erreichen des Deckels noch weitere 16 Monate Zeit um ans Netz zu gehen. Soll heißen: es gibt eine „Karenzzeit“, die bis etwa Herbst 2020 reichen sollte, sollte der Flexdeckel Mitte 2019 erreicht sein. Während dieser Zeit kann ein beliebig hoher Leistungszubau erfolgen.

Was bedeutet das Gesetz für die Flexibilitätsprämie?

Die Entscheidung des Bundestages, den Flexdeckel herabzusetzen, klingt zunächst einmal nach Stress für Anlagenbetreiber. Ja, der Zubaudeckel ist fast voll, und falls Sie die Flexibilitätsprämie noch in Anspruch nehmen wollen, lohnt es sich schnell zu sein, Ihre Projekte anzugehen und die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Aber die „Karenzzeit“ bis etwa gegen Ende des Jahres 2020 gibt Ihnen als Anlagenbetreiber Investitionssicherheit, da begonnene Projekte auch noch nach Erreichen des Deckels sicher fertiggestellt werden können. Und: Die Zeit reicht auch, um noch anspruchsvolle Projekte zu starten – von der Planung bis zur Umsetzung. Wir bei Energas sind der Meinung, dass alle denkbaren Projekte in einer Bauzeit von maximal einem Jahr noch realisiert werden können, wenn die Genehmigungen vorliegen und die Finanzierung klar ist. Deshalb können und sollten sie mit großer Zuversicht und dem nötigen Optimismus angegangen beziehungsweise weiterverfolgt werden.

Und noch ein weiterer, wichtiger Aspekt: In den Jahren 2010 und 2011 gab es einen richtigen Biogas-Boom, sehr viele Anlagen sind in diesen Jahren in Betrieb genommen worden. Gerade bei diesen Anlagen gibt es viele Betreiber, die jetzt bei der Flexibilisierung noch zögern und bis zur „Halbzeit“ des EEG (also bis 2020/2021) warten wollen. Doch aus unserer Sicht stellt dieses Abwarten ein großes Risiko dar, da es bis dahin eventuell gar keine Flexibilitätsprämie mehr geben wird. Flexibilisieren diese Betreiber allerdings jetzt, haben sie noch großes Potenzial, da sie noch mehr als zehn Jahre EEG-Restlaufzeit haben und (wenn noch nicht in Anspruch genommen) dadurch von den vollen zehn Jahren Flexibilitätsprämie profitieren können.

Was sind grundsätzlich die Voraussetzungen, um die Flexibilitätsprämie zu erhalten?

Die Bundesnetzagentur hat dazu Folgendes festgelegt: „Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biogas mit einer Inbetriebnahme vor dem 1. August 2014 können nach § 50b EEG 2017 eine Flexibilitätsprämie vom Netzbetreiber verlangen, wenn sie einen Teil der installierten Leistung für eine bedarfsorientierte Stromerzeugung bereitstellen. Hierzu muss die Anlage im Register der Bundesnetzagentur registriert werden.“

Das bedeutet: Beantragen kann die Flexibilitätsprämie, wer eine flexible Neuanlage plant, eine bestehende Biogasanlage überbaut oder eine Bestandsanlage hat, die bauseits bereits über die nötige Flexibilität verfügt, etwa durch ein zusätzliches Blockheizkraftwerk oberhalb der Bemessungsleistung und einen ausreichenden Gasspeicher. Grundsätzlich wird die Flexibilitätsprämie bis zur fünffachen Überbauung der Bemessungsleistung gewährt. An einer Biogasanlage mit 500 kW elektrischer Leistung kann also bis zu 2,4 MW elektrischer Leistung installiert werden. Allerdings gehört zu den Voraussetzungen, dass die zusätzlich installierte Leistung nicht durchgehend abgerufen werden darf. Die EEG-Vergütung ist auf die bisher eingespeiste Strommenge begrenzt. Im Jahresverlauf darf die Anlage die gleiche Strommenge erzeugen. Geht man als Anlagenbetreiber über diese Grenze der eigenen Höchstbemessungsleistung hinaus, verliert man den Anspruch auf EEG-Vergütung und die Marktprämie für den zusätzlich produzierten Strom.

Anspruch hat überdies nur, wer auch die Voraussetzung erfüllt, seinen Strom direkt an der Strombörse zu vermarkten („Direktvermarktung“) beziehungsweise im Marktprämienmodell zu vergüten. Gibt ein Umweltgutachter schließlich für alle technischen Voraussetzungen grünes Licht, kann die Flexibilitätsprämie beantragt werden.

Unser Fazit zum Energiesammelgesetz

Ja, es gibt einige Kritikpunkte seitens der Biogas-Branche am neuen Energiesammelgesetz. So fehlt etwa die Festschreibung, bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 65 % Erneuerbarer Energien zu erreichen – im Koalitionsvertrag ist dieses Ziel ja definiert und sollte so eigentlich auch im Energiesammelgesetz verankert sein. Außerdem blieb die Forderung des Biogasrates, den Gebotshöchstwert für Neuanlagen dem Gebotshöchstwert für Bestandanlagen anzupassen, unberücksichtigt – was den Wettbewerbsnachteil für neue Biogasanlagen weiter bestehen lässt.

Dennoch wertet die Branche das Gesetz insgesamt als ein positives Signal. Es eröffnet Betreibern, die ihre Anlage flexibilisieren wollen, einen klaren Planungshorizont – auch wenn der Flexdeckel begrenzt wurde. Denn mit der 16-monatigen „Karenzzeit“ kann jetzt ein rascherer Anstieg der Zubauzahlen nicht zu einem plötzlichen Förderende führen. Sie als Betreiber von Biogas-BHKWs können (und sollten!) ab jetzt neue Flexprojekte planen. Damit handeln Sie vorausschauend und stellen Ihre Anlagen schon heute auf den mittelfristigen Bedarf im Strommarkt um. Außerdem bekommen jetzt auch Projekte der Wärmeversorgung aus Biogas einen neuen Horizont. Legen Sie also am besten gleich los!

Fotoquelle Titelbild: © Robert Kneschke/shutterstock.com