Einmal auf den Schalter gedrückt und schon läuft der Strom. Für die Verbraucher ist das heute ganz normal. Doch damit es immer, zu jeder Zeit und an jedem Ort in Deutschland genügend Strom gibt, ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Akteure notwendig. Denn Angebot und Nachfrage für Strom sind ständig in Bewegung und die gleichmäßige Netzauslastung ist ein stetiger Balanceakt. Ohne einen regelmäßigen Redispatch wäre die verlässliche Stromversorgung deswegen nicht realisierbar.

Doch was bedeutet eigentlich Redispatch? Warum wird dieser zunehmend wichtiger? Und welche Folgen hat das für Betreiber von BHKW-Anlagen? Das und mehr erfahren Sie in diesem Beitrag.

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redispatch ©peterschreiber.media/ adobe.stock.com

Das bedeutet Redispatch

Ganz einfach erklärt, bedeutet Redispatch nichts anderes als eine Fahrplanänderung. Genauer gesagt, eine Änderung der Fahrpläne der Kraftwerksbetreiber. Denn jedes Kraftwerk in Deutschland befolgt einen bestimmten Fahrplan, auch Dispatch genannt. Mit diesem melden Kraftwerksbetreiber verbindlich bei den Übertragungsnetzbetreibern an, wie hoch die Stromkapazitäten sind, die sie voraussichtlich für den Folgetag einplanen. Aus diesen Angaben geht dann hervor, wie viel Leistung welches Kraftwerk wann ins Netz einspeisen wird – so viel zum planmäßigen Dispatch.

Geht es allerdings um die Themen Stromerzeugung und Stromverbrauch, so sind Ausnahmen und Abweichungen die Regel. Denn welches Gebiet wie viel Strom benötigt und erzeugt, hängt von vielen verschiedenen, ganz individuellen Faktoren ab. Ist es an der Nordsee beispielsweise sehr stürmisch, produzieren die Windräder vor Ort große Mengen an Energie, die dort aber nicht zwingend benötigt werden. Demgegenüber steht zum Beispiel ein energieintensives Unternehmen im Süden Deutschlands, das gerade eine Extraschicht fährt und dringend mehr Strom benötigt. Die logische Konsequenz ist nun, den Strom vom Norden in den Süden zu schicken. Und das funktioniert nur reibungslos, wenn es einen Redispatch gibt. Doch warum ist das so?

Netzstabilität und Versorgungssicherheit – darum geht es nicht ohne Redispatch

Geht nun also der Strom von der Nordsee zum Bayerischen Industrieunternehmen, kann es passieren, dass die genutzten Stromnetze an ihre Grenzen stoßen und es im schlimmsten Fall zu einem Blackout kommt. Um das zu vermeiden, ordnen die Netzbetreiber dann einen Redispatch an. Das bedeutet, sie veranlassen bei den entsprechenden Kraftwerksbetreibern eine Änderung ihrer Fahrpläne und vermeiden so, dass es zu Netzüberlastungen kommt.

Würde kein Redispatch stattfinden, hätte das eine Überlastung der Stromleitungen zur Folge. Und sobald Stromleitungen an die Grenzen ihrer technischen Leistungsfähigkeit geraten, kommt es zu einer automatischen Abschaltung einzelner Leitungsabschnitte, um mögliche Schäden zu vermeiden. Der Nachteil hierbei ist, dass der Strom auf andere Leitungen ausweichen muss, die dann ebenfalls überlastet sind und sich auch abschalten – bis am Ende das gesamte Netz zum Erliegen kommt. Und genau das soll ein Redispatch verhindern.

Ein Redispatch kann aber auch im umgekehrten Fall helfen, wenn zu wenig Leistung im Netz vorhanden ist. Denn auch dann ist eine Fahrplanänderung nötig, um die Stabilität des Stromnetzes zu erhalten. Somit dient ein Redispatch der System- und Netzstabilität, welche wiederum beide notwendig sind, um die Versorgungssicherheit der Verbraucher zu garantieren.

Nur eine Notlösung?

Mit den Stromleitungen in Deutschland verhält es sich ähnlich wie mit den Autobahnen: Sie können die zunehmend steigenden Kapazitäten auf lange Sicht nicht mehr fassen. Während es auf den Straßen zu Staus und überlasteten Umleitungen kommt, platzt auch das Stromnetz aus allen Nähten. Hinzu kommt ein wachsender Bedarf der Verbraucher und das führt auf lange Sicht dazu, dass es neue Umgehungsstraßen bzw. neue Stromleitungen braucht. Doch bis das Stromnetz an die steigenden Anforderungen angepasst ist, kann noch viel Zeit vergehen. Und so lange geht es nicht ohne Redispatch.

Ein Blick auf konkrete Zahlen zeigt, dass die Notwendigkeit, einen Redispatch durchzuführen, proportional zum Strombedarf der Verbraucher steigt. So meldeten die Übertragungsnetzbetreiber im Jahr 2010 Redispatch-Maßnahmen mit einer Gesamtdauer von 1.588 Stunden. 2014, also nur vier Jahre später, waren es bereits 8.116 Stunden. Damit hat sich die Zahl mehr als verfünffacht – Tendenz steigend.

Ein Grund für diese zunehmende Notwendigkeit zur Durchführung eines Redispatch ist auch der Zuwachs von erneuerbaren Energien innerhalb der gesamtdeutschen Stromversorgung – womit sich der Kreis zum eingangs genannten Beispiel von Nordsee und Bayern schließt. Denn mit der steigenden Inbetriebnahme von On- und Offshore-Windkraftanlagen im Norden wird dort wesentlich mehr Strom produziert als noch vor ein paar Jahren. Parallel dazu gehen im Süden Deutschlands zunehmend die Kernkraftwerke vom Netz und der Bedarf an einer Stromversorgung aus dem Norden steigt. Auch deswegen sind die Leitungen auf der Nord-Süd-Strecke schnell überlastet, weil ihre Leistung (noch) nicht ausreicht. Ohne Redispatch würde es hier ständig zu Überlastungen und Ausfällen kommen.

In die Zukunft mit Redispatch 2.0

Auch Betreiber von Biogas- und BHKW-Anlagen bzw. von KWK- und EEG-Anlagen können von einem Redispatch betroffen sein. Denn seit dem 01. Oktober 2021 gilt die zweite Auflage des sogenannten Netzausbaubeschleunigungsgesetzes, kurz NABEG. Dieses regelt den Umgang mit Engpässen im Stromnetz und legt seit seiner Novellierung fest, dass ab sofort nicht nur sämtlich konventionelle Anlagen der Energieerzeugung sowie die Verteilnetzbetreiber, sondern auch alle Anlagen der erneuerbaren Energien (ab 100 kW installierter Leistung) dazu verpflichtet sind, teilzunehmen. In der Neuauflage des NABEG verbinden sich also das bisherige Einspeise- und Redispatchmanagement und werden gemeinsam bezeichnet als Redispatch 2.0.

Im Zusammenhang mit Redispatch 2.0 kommen auf Anlagenbetreiber zudem weitere Verpflichtungen hinzu. So müssen sie ihrem Netzbetreiber nicht nur alle Stamm- und Planungsdaten ihrer Anlage, Verfügbarkeitsmeldungen und marktbedingte Einspeiseanpassungen übermitteln, sondern diesem auch einen Einsatzverantwortlichen (EIV) sowie den Betreiber einer technischen Ressource (BTR) nennen. EIV und BTR sind für die Einsatzplanung bzw. für den Betrieb einer Anlage zuständig und müssen alle damit zusammenhängenden Pflichten vor dem Gesetz übernehmen. Gleichzeitig ist es Anlagenbetreibern aber erlaubt, beide Posten an einen Dritten, wie beispielsweise einen Direktvermarkter, abzugeben.

Die Kostenfrage – wer bezahlt das eigentlich?

Eines der Ziele von Redispatch 2.0 ist auch, die Gesamtkosten des konventionellen Redispatches und des Einspeisemanagements zu optimieren, um die Netzentgelte zu senken. Denn die Kosten werden auf letztere umgelegt. Damit liegen die finanziellen Aspekte bei allen Netznutzern, die Strom durch das Versorgungsnetz leiten. Denn diese müssen das Netzentgelt an den Netzbetreiber zahlen. Mit der Einführung des Redispatch 2.0 sollen die Netznutzer nun zumindest teilweise entlastet werden.