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Die Avocado aus Mexiko, die Sneaker aus China, Energie aus dem europäischen Ausland – die Gesellschaft ist heute mehr denn je daran gewöhnt, verschiedene Dinge für das alltägliche Leben aus der ganzen Welt zu beziehen. Wie problematisch das neben allen Vorteilen sein kann, zeigen die aktuellen Probleme in sämtlichen Lieferketten. Das betrifft vor allem die Energieversorgung. Um die Unabhängigkeit von anderen Ländern zu stärken, kommen in Deutschland zunehmend mehr Diskussionen um eine dezentrale Energieerzeugung auf.

Doch wie funktioniert eine dezentrale Energieerzeugung überhaupt? Ist sie wirklich so vorteilhaft wie ihre Befürworter sagen? Und ist eine dezentrale Energieversorgung die Zukunft? Das und weitere wichtige Fragen zum Thema beleuchten wir in diesem Artikel.

Die Vor- und Nachteile dezentraler Energieerzeugung
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Dezentrale Energieerzeugung – das steckt dahinter

Jedem seine eigene Stromquelle. So ließe sich die dezentrale Energieerzeugung in einfachen Worten erklären. Denn sowohl eine dezentrale Stromerzeugung als auch eine dezentrale Wärmeproduktion meinen nichts anderes, als dass elektrische und thermische Energie genau an dem Ort hergestellt werden, an dem sie auch verbraucht werden.

Das heißt also, dass dezentrale Energiesysteme Energieerzeugungssysteme sind, die auf lokaler Ebene betrieben werden und nicht zentralisiert sind. Im Gegensatz zu zentralisierten Energiesystemen, die auf großen Kraftwerken und einem Netz von Übertragungs- und Verteilungsleitungen basieren, werden dezentrale Energiesysteme in der Regel auf der Ebene von Einzelgebäuden, Quartieren, Stadtteilen oder Gemeinden betrieben. Diese Systeme nutzen erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft, Geothermie und Biomasse.

Beispiele für dezentrale Energiesysteme sind:

Dezentrale Energieerzeugung – das sind die Vorteile

Strom direkt vom eigenen Dach, aus der eigenen Wärmepumpe oder der KWK-Anlage der Gemeinde – wer Strom und Wärme dezentral bezieht, profitiert von einer Vielzahl an Vorteilen.

Dezentrale Energieerzeugung: Kurze Wege, kaum Emissionen

Klimaschutz und Energiewende gehören zu den großen Themen der Gegenwart. Um den stetig steigenden Energiebedarf der Menschen zu decken, gleichzeitig jedoch auch den Klimawandel zu bremsen, braucht es Alternativen zu fossilen Brennstoffen. In diesem Zusammenhang kommt die dezentrale Energieerzeugung ins Spiel. Denn einer ihrer größten Vorteile ist ihre Umweltfreundlichkeit. Ob dezentrale Stromerzeugung oder die dezentrale Produktion von Wärme – die Basis bilden immer erneuerbare Energien. So punkten sowohl PV- als auch Windkraftanlagen sowie Wärmepumpen, KWK- und Biogasanlagen mit einer weitaus geringeren Umweltbelastung als beispielsweise Kohlekraftwerke. Und damit sind nicht allein ihre geringen Treibhausgasemissionen gemeint. Auch der Aspekt kurzer Transportwege von Strom und Wärme dank der Möglichkeit einer dezentralen Energieerzeugung spielt hier eine wichtige Rolle.

Eigener Strom? Eigene Preise!

Hinzu kommt der Faktor Energieunabhängigkeit. Wer nämlich auf eine dezentrale Energieerzeugung und -versorgung setzt, kann sich von zentralen Versorgern und deren Preisen lösen. Ganz konkret heißt das: Die Preisschwankungen des Energiemarktes betreffen Verbraucher, die eine dezentrale Energieerzeugung nutzen, weitaus weniger als solche, die Energie ausschließlich zentral beziehen.

Regionale Sicherheit und Wertschöpfung

Dezentrale Energiesysteme können dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit von Gemeinden gegenüber Naturkatastrophen und anderen Notfällen zu erhöhen, da sie unabhängiger von zentralisierten Energieversorgern sind.

Des Weiteren werden Arbeitsplätze in Bereichen wie der Installation, Wartung, Instandhaltung und dem Betrieb der geschaffen.

Einmal investieren, dauerhaft profitieren

Neben der Unabhängigkeit bezüglich der Strompreise öffentlicher Versorger, lässt eine dezentrale Energieerzeugung ihre Verbraucher auch in Bezug auf die Energiequelle finanziell profitieren. Denn wer beispielsweise in eine Wärmepumpe oder eine PV-Anlage investiert, spart damit auf lange Sicht einiges an Geld durch die selbstproduzierte Energie. Zwar fallen anfänglich Investitionskosten für Anschaffung und Installation an. Doch dabei handelt es sich um Kosten, die sich mit den Jahren schnell amortisieren.

Die Nachteile der dezentralen Energieerzeugung

Neben sämtlichen Vorteilen hat die dezentrale Energieerzeugung allerdings auch ein paar Nachteile. Insbesondere die Investition in die nötige „Hardware“ kann ein Nachteil sein, muss ein Betreiber die erforderlichen finanziellen Mittel doch erst einmal aufbringen. Dazu kommen die wetterabhängigen Schwankungen, denen Energiesysteme wie Photovoltaik oder Windkraft unterliegen – was mit Biomasse bzw. Biogas hingegen nicht der Fall ist. Hier kann ein Mix aus verschiedenen dezentralen Systemen Abhilfe schaffen.

Dezentrale Energiesysteme in Deutschland – ein Blick auf die aktuelle Lage

In Deutschland hat vor allem die dezentrale Stromerzeugung in den letzten Jahren eine zunehmend wichtige Rolle gespielt. Ein großer Teil der dezentralen Stromerzeugung in Deutschland stammt aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar-, Wind- und Biomasseenergie.

Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft e.V. wurden in Deutschland im Jahr 2021 etwa 2,3 Millionen Solaranlagen betrieben, die zusammen eine Leistung von etwa 54 Gigawatt (GW) erbringen. Darüber hinaus wurden im Jahr 2020 in Deutschland 1.431 neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 5.427 MW installiert.

Im Jahr 2020 betrug die installierte Gesamtleistung erneuerbarer Energiequellen in Deutschland 127,7 GW, was etwa 52% der Gesamtleistung aller Stromerzeugungsanlagen in Deutschland entspricht. Ein großer Teil dieser erneuerbaren Energien wurde dezentral erzeugt und von kleineren Energieanbietern wie Energiegenossenschaften oder privaten Haushalten produziert.

Es gibt jedoch auch Herausforderungen bei der dezentralen Energieerzeugung in Deutschland, wie z.B. die Frage der Netzstabilität und die Regulierung von dezentralen Stromerzeugern. Eine zunehmende Anzahl von Stromerzeugern kann das Stromnetz überlasten, was dazu führen kann, dass Stromausfälle auftreten. Um diese Probleme zu lösen, sind technische Innovationen und Regulierungen notwendig.

Zukünftige Treiber einer dezentralen Energieerzeugung

Die dezentrale Energieerzeugung wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Die weltweite Energiewende und der Kampf gegen den Klimawandel erfordern eine schnellere und umfassendere Einführung erneuerbarer Energiequellen, und dezentrale Energiesysteme spielen dabei eine wichtige Rolle.

Einige Entwicklungen, die in Zukunft die dezentrale Energieerzeugung vorantreiben könnten, sind:

  • Technologische Fortschritte: Fortschritte in der Technologie von erneuerbaren Energiequellen und Energiespeicherung, wie z.B. Solarzellen, Windkraftanlagen, Batteriespeicher und Power-to-X-Technologien, könnten dazu beitragen, die Kosten und die Effizienz von dezentralen Energiesystemen zu verbessern.
  • Digitalisierung und Vernetzung: Die Digitalisierung von Energieinfrastrukturen und die Vernetzung von dezentralen Energiesystemen könnten dazu beitragen, die Effizienz und Flexibilität von dezentralen Energiesystemen zu erhöhen.
  • Dezentrale Energiegemeinschaften: Der Aufbau von Energiegemeinschaften und Energiegenossenschaften könnte dazu beitragen, die Akzeptanz von dezentralen Energiesystemen zu erhöhen und lokale Gemeinschaften zu stärken.
  • Politische Maßnahmen: Politische Maßnahmen und Regulierungen, wie z.B. Einspeisevergütungen, steuerliche Anreize und Gesetze zur Förderung erneuerbarer Energien, könnten dazu beitragen, die Entwicklung von dezentralen Energiesystemen zu beschleunigen.

Insgesamt ist es wahrscheinlich, dass dezentrale Energiesysteme in Zukunft eine immer wichtigere Rolle bei der Energieversorgung spielen werden.