Vor Kurzem fand der „16. Jahreskongress BHKW 2018“ in Dresden statt. Er stand unter dem Motto „BHKW 2018 – Innovative Technologien und neue gesetzliche Rahmenbedingungen“. Auf dem Kongress waren Vertreter aus der gesamten KWK-Szene, aus Industrie, Stadtwerken, Planung und Beratung dabei. Zwei Tage konnten wir uns über brandaktuelle Themen aus Recht und Politik und auch mögliche Zukunftsperspektiven informieren und austauschen. Was die KWK-Branche bewegt und welche Erkenntnisse sich im Speziellen auf den Biogas-Markt ableiten lassen, wollen wir Ihnen in diesem Beitrag vorstellen. Wir haben die fünf wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst.

1. BHKWs für dezentrale und erneuerbare Stromerzeugung liegen im Trend!

Seit 2008 ist die Stromerzeugung aus KWK-Anlagen um 25 TWh auf 118 TWh gestiegen. Bedingt wurde der Anstieg durch KWK – Anlagen in der Industrie und KWK-Anlagen, die auf Basis von Erneuerbaren Energien betrieben werden. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen für den Bau und den Betrieb von KWK-Anlagen in den letzten Jahren schnell und häufig verändert und zum Teil auch erheblich verschlechtert.

So wurde beispielsweise die Förderung von selbst genutztem Strom stark eingeschränkt. Die seit letztem Jahr entschiedene Aussetzung der teilweisen EEG-Umlagenbefreiung hat zu starker Markt-Verunsicherung bei KWK-Anlagen zur Eigenstromversorgung geführt. Sinnvolle Projekte – gerade in der Industrie – wurden gestoppt oder gar nicht realisiert.

Trotzdem soll den KWK-Anlagen in Zukunft eine entscheidende Rolle zukommen. Der Klimaschutzplan sieht vor, dass bis 2030 im Sektor Energiewirtschaft – wozu KWK gehört – Einsparungen von 50 % CO2 erreicht werden müssen. Dies bedeutet einen radikalen Umbau der Stromerzeugung; Beispielsweise muss ja die Strommenge der Kohle- und Atomkraftwerke, die ab 2022 abgeschaltet werden, anderweitig erzeugt werden. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die KWK, im positiven Sinne, denn: ein KWK-Ausbau erhöht die gesicherte Kraftwerksleistung und ermöglicht damit den Kohleausstieg.

KWK kann zur effizienten und CO2-armen Bereitstellung von Residuallast beitragen. Die Voraussetzung, dass KWK zum tragenden Pfeiler der Energiewende wird, ist allerdings die Flexibilität der Anlagen bei der Strom- und Wärmeerzeugung und eine am Gesamtsystem orientierte Fahrweise der Anlagen.

2. KWK ist keine Brückentechnologie!

Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, muss das Treibhausgas-Minderungsziel eingehalten werden. Dieses besagt: Treibhausgase müssen bis zum Jahr 2050 um 95 % gemindert werden – was energieseitig eine 100%-ige erneuerbare Versorgung bedeutet. Bis das erreicht ist, werden aber – mindestens bis zum Jahr 2030 – immer noch große Mengen an Strom und Wärme aus konventionellen Brennstoffen erzeugt werden. Der Zielwert an Erneuerbaren Energien-Anteil am Stromverbrauch soll bis 2030 auf 65 % steigen (heute liegt er bei 36 %), der Zielwert im Wärmemarkt bis 2020 von jetzt 12 auf 14 %. Durch den KWK-Ausbau kann auf diesem Gebiet gegenüber einer gekoppelten Erzeugung weiterhin Primärenergie und CO2 eingespart werden. Dafür wird aber die Flexibilität der Anlagen und die gesamtsystemorientierte Fahrweise im Zeitverlauf immer wichtiger werden!

Hat man dann die 100%-ige erneuerbare Versorgung erreicht, werden die Hauptenergiequellen wohl Wind und Sonne sein. Da diese allerdings nicht permanent zur Verfügung stehen, braucht die Energiewende Ersatz, um Schwankungen auszugleichen. Es wird eine jederzeit verfügbare Leistung von mindestens 50 GW in speicherbarer Form benötigt werden. Um diese Kraftwerksleistung im fluktuierenden Erneuerbare-Energien-System jederzeit bereitstellen und „Dunkelflauten“ überbrücken zu können, wird neben Batterien und Pumpspeichern die KWK die zweckmäßigste Technologie sein, da sie die effizienteste thermische Stromerzeugung ist. KWK wird also in Zukunft eine bedeutendere Rolle zukommen, idealerweise wird sie dann statt mit Erdgas regenerativ mit Biogas oder Biomethan betrieben werden. Ein entscheidender Punkt: Um zukünftig einen wesentlichen Beitrag an KWK energetisch und ökonomisch optimal bereitstellen zu können, ist eine vollständige Nutzung der Wärme erforderlich. Dafür müssen umfassende Wärmeversorgungskonzepte in allen besiedelten Gebieten (Stichwort: Quartierskonzept) erstellt und umgesetzt werden. Dies könnte eine große Chance für Biogasanlagen sein, denn um den Erneuerbare Energien-Anteil im Wärmemarkt zu erhöhen, wird KWK dringend benötigt.

Wärmenetze und -speicher werden in Zukunft eine Vierfach-Funktion haben: Sie werden die Wärme flexibler KWK-Anlagen aufnehmen, dazu solare, geothermale und Umwelt-Wärme sowie Erneuerbare-Energien-Überschuss-Strom. Daneben werden sie industrielle Abwärme zur Effizienzsteigerung nutzen. Deshalb wird es unbedingt erforderlich sein, die heute vorhandene Infrastruktur an KWK-Anlagen zu erhalten zu modernisieren und zu flexibilisieren. Zusätzlich müssen Gas-Netze den Power-to-gas-Erfordernissen angepasst werden.

3. Auch Erdgas-BHKWs müssen flexibel werden

Weg vom Grundlastbetrieb und hin zum Fahrplanbetrieb – dieses „Credo“ zog sich durch die gesamte Veranstaltung und betrifft tatsächlich alle BHKWs, auch die, die mit Erdgas betrieben werden. Diesen Umbau setzt die Biogas-Branche übrigens aktuell schon vorbildlich um! Über das KWK- und Erneuerbare Energie Gesetz wird nun ebenfalls versucht, auch für erdgasbetriebene BHKWs Anreize zu schaffen, damit diese bedarfsorientiert betrieben werden: Im KWK-Gesetz wird die jährliche Förderung auf maximal 3.500 Betriebsstunden begrenzt. Bei BHKW – Anlagen mit Eigenstromversorgung sind Anlagen, die eine größere Leistung als 1MW haben, nur noch dann teilweise von der EEG- Umlage befreit wenn diese noch maximal 3500 Bh im Jahr betrieben werden, danach steigt die Umlage auf Eigenstrom anteilig an. Alles mit dem Ziel: Anlagen sollen nur noch dann betrieben werden, wenn Bedarf ist!

Ein Umdenken ist jetzt bei allen gefordert – Investoren, Planern und Beratern genauso wie bei den Betreibern selbst: Maschinen müssen größer ausgelegt werden, der Betrieb muss auf wenige Stunden im Jahr fokussiert werden. Der Flexbetrieb erfordert eine vielfach höhere Leistung als der bei reiner Grundlast. Parallel wird ein Pufferspeicher erforderlich, um auch dann die Wärmelast zu decken wenn die Anlage steht – somit können Wärmelieferung und Stromerzeugung zeitlich entkoppelt werden.

4. BHKWs werden ihre Betriebsstunden radikal verändern

Der Betrieb von BHKWs wird in Zukunft vor allem dann interessant werden, wenn diese antizyklisch zum Stromangebot und sonstigen erneuerbaren Energiequellen laufen – „strommarktgeführter Betrieb“ könnte der Schlüsselbegriff lauten. Das bedeutet in der Praxis: die Starts pro Jahr werden sich ebenso wie die Betriebsstunden pro Jahr drastisch verändern: Statt klassischem Grundlastbetrieb wird sich die Fahrweise noch mehr am Wärmebedarf und Spotmarkt für Strom orientieren. Die BHKW – Anlagen zur Objektversorgung sollen mit weniger Betriebsstunden im Jahr große Energiemengen erzeugen. Die Starts werden mehr, gleichzeitig werden die jährlichen Betriebszeiten weniger – statt 5.000 bis 7.000 Betriebsstunden werden es vielleicht nur noch 1.000 bis 3.000 Stunden sein.

Da selbst die Erdgasbranche jetzt umdenkt und Anlagen so auslegt, dass an wenigen Betriebsstunden im Jahr eine große Energiemenge erzeugt wird, ist es für die Biogasanlagen-Betreiber umso klarer, dass Flexibilisierung der richtige Weg für Sie ist, den Sie unbedingt weiter verfolgen sollten!

5. Die Regierung steht hinter KWK-Anlagen

Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zu einem deutlichen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien bekannt. Gerade die KWK soll weiterentwickelt und umfassend modernisiert werden. Man möchte sie CO2-ärmer ausgestalten, effizienter machen und flexibilisieren. Denn, wie gesagt, die gesicherte Leistung von KWK-Anlagen wird mit zunehmenden fluktuierenden Anteilen von Wind und Photovoltaik deutlich wichtiger werden als heute. Deshalb ist es nur konsequent, wenn die Regierung die KWK weiterentwickelt und – das ist die Voraussetzung – den Wärmenetzausbau auch dementsprechend vorantreibt.

Schade allerdings, dass aktuell politisch konservative Stimmen laut werden, die sich extrem gegen Erneuerbare Energien stellen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und KWK wird dank ihnen unnötig verkompliziert, was auch steigenden administrativen Aufwand zur Folge hat. Es entsteht dadurch zudem ein verstärktes Konkurrenzdenken zwischen „alter“ und „neuer“ Energiewelt. Die Frage ist: Wie hoch muss der politische Druck werden, damit die Maßnahmen, auch tatsächlich getroffen werden, um die Ziele von Paris und vor allem das Minderungsziel von – 95 % für 2050 erreichen zu können? Hoffentlich hoch genug!.

Unser Branchen-Treffen war also – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und ökologischen Situation – äußerst interessant und aufschlussreich. Die ganz klare Botschaft von uns an Sie als Anlagenbetreiber lautet: Ja, Ihr BHKW hat Zukunft! Und ja, eine mutige Flexibilisierung wird sich als die beste Option für die kommenden Jahre erweisen!